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Stärkung der Unternehmensresilienz – Strategien für KMU


Weltweit stehen Unternehmen immer öfter vor plötzlichen und tiefgreifenden Herausforderungen. Dazu gehören Krisen wie Handelskonflikte, die jüngste Corona-Pandemie oder Kriege [1]. Hinzu kommen langfristige Entwicklungen wie der Klimawandel und grundlegende Umbrüche wie die Digitalisierung: Diese Gegebenheiten erfordern kontinuierliche Anpassungen an sich ändernde Rahmenbedingungen. Diese Veränderungen beeinflussen nicht nur einzelne Unternehmen, sondern wirken sich auch auf ganze Wertschöpfungsnetzwerke aus [2].

Dieser Blogbeitrag stellt eine kompakte Sammlung praktischer Tipps und Strategien zur Verfügung, um kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu helfen. Ziel ist es, die unternehmerische Resilienz von KMU zu stärken, damit sie äußere Einflüsse besser abfedern und ihre langfristige Marktposition sichern.

Was ist unternehmerische Resilienz?

Unternehmerische Resilienz bezeichnet die Fähigkeit eines Unternehmens, äußeren Störungen und Veränderungen standzuhalten, sich davon zu erholen und sich an neue Gegebenheiten anzupassen [3–5].

Unternehmen müssen also in der Lage sein, trotz äußerer Einflüsse ihre Stabilität zu wahren, zum ursprünglichen Zustand zurückzukehren oder einen neuen stabilen Zustand zu erreichen. So gewährleisten sie ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit [2].

Eigenschaften von KMU mit Blick auf Resilienz

KMU spielen eine zentrale Rolle in vielen Volkswirtschaften. Sie sind jedoch oft weniger gut auf Störungen vorbereitet als größere Organisationen [6, 7]. Ihre begrenzten Ressourcen, die Abhängigkeit von wenigen Kunden und Lieferanten sowie der eingeschränkte Zugang zu Finanzen, Technologien und qualifiziertem Personal schwächen ihre Resilienz im Vergleich zu größeren Firmen [8].

Dennoch haben KMU auch spezielle Vorteile. Sie profitieren von weniger Bürokratie, schnellen Entscheidungsprozessen und einer effizienten internen Kommunikation. Diese Eigenschaften ermöglichen es ihnen, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und sich schnell anzupassen. Dies ist ein wichtiger Faktor für die Stärkung der unternehmerischen Resilienz [6].

Erkenntnisse aus der Praxis

Um praxisnahe Einblicke im Hinblick auf den aktuellen Stellenwert von Resilienz in deutschen Unternehmen zu gewinnen, liefert die Studie „Trends und Strategien in Logistik und Supply Chain Management“ der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e. V. wertvolle Informationen. Die BVL, analysiert seit über dreißig Jahren Trends und Entwicklungen im Bereich Logistik und Supply Chain Management. Sie hat in ihrer neuesten Untersuchung mehr als 250 Logistik- und SCM-Verantwortliche aus dem deutschsprachigen Raum zur Resilienz ihrer Unternehmen befragt.

Die Ergebnisse zeigen, dass viele Unternehmen die Notwendigkeit einer Transformation erkannt haben und beginnen, erste Maßnahmen zur Stärkung ihrer Resilienz zu ergreifen. Rund die Hälfte der Unternehmen setzt bereits Maßnahmen um, oft jedoch ohne einen umfassenden strategischen Plan. Weniger als zehn Prozent betrachten Resilienz als festen Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie.

Die Studie hebt wichtige Maßnahmen zur Resilienzerhöhung hervor. Dazu zählen die Erhöhung der Transparenz in der Lieferkette, die Implementierung eines Supply-Chain-Risikomanagements, die Anwendung von Dual-Sourcing-Strategien und den Aufbau höherer Lagerbestände. Diese Maßnahmen helfen, Risiken besser zu erkennen und Versorgungsengpässe zu vermeiden.

Herausforderungen bei der Umsetzung sind finanzielle Engpässe, fehlende personelle Ressourcen, Widerstände bei der Zusammenarbeit in der Lieferkette und die komplexe Bewertung der Maßnahmenwirksamkeit [9].

Praktische Tools für KMU zur Resilienzsteigerung

Die Studie zeigt, dass viele KMU Schwierigkeiten haben, strategische Maßnahmen effektiv umzusetzen und deren Wirksamkeit zu bewerten. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, benötigen KMU Werkzeuge, um eigenständig Strategien entwickeln zu können.

Ein solches Werkzeug ist der Resilienzkompass. Er wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) entwickelt. Dieser Resilienzkompass unterstützt KMU dabei, eigenständig die notwendigen Schritte zur Stärkung ihrer Resilienz zu identifizieren und umzusetzen [10].

Das vom BMBF geförderte Projekt STÄRKE leistet hierbei wertvolle Hilfe. Im Rahmen der Initiative „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ wurde dieses Projekt ins Leben gerufen, um KMU bei der Entwicklung und Umsetzung präventiver Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Resilienz zu unterstützen.

Der speziell für KMU entwickelte Resilienzkompass bietet praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Maßnahmen zur Förderung sowohl der organisatorischen als auch der individuellen Resilienz.

Der Resilienzkompass basiert auf dem EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management), einem weit verbreiteten Rahmenwerk aus dem Qualitätsmanagement. Dieses Modell unterstützt Organisationen bei der Verbesserung ihrer Leistung durch die Integration von Qualitätsprinzipien in die Geschäftsstrategie und -praxis.

Unternehmen können mit Tools ihre aktuelle Resilienz in verschiedenen Bereichen analysieren. Diese Instrumente helfen bei der Identifikation von Stärken und Schwächen. Die kann als Ausgangspunkt für gezielte Verbesserungsmaßnahmen dienen.

Diese Konzepte bieten strukturierte Ansätze für die Durchführung von Workshops und Schulungen innerhalb des Unternehmens. Sie zielen darauf ab, die Resilienz zu fördern, indem sie Mitarbeitende in den Prozess einbeziehen und gemeinsam Lösungen entwickeln.

Der Resilienzkompass bietet dabei einen Schritt-für-Schritt-Plan zur Stärkung der Resilienz im Unternehmen. Er unterstützt KMU dabei, systematisch vorzugehen und resilienzfördernde Maßnahmen nachhaltig zu implementieren, sodass sie besser auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sind und umfasst die folgenden vier Schritte:

Stärkung der Unternehmensresilienz – Strategien für KMU

Abbildung 1: Vorgehensmodell des Resilienzkompasses (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an [10]

Schritt 1: Ermittlung der Resilienz im Unternehmen

In diesem Schritt wird die aktuelle Resilienz des Unternehmens bewertet. Dies kann durch verschiedene Methoden erfolgen, etwa durch Selbstbewertungen, Audits oder externe Bewertungen.

Schritt 2: Entwicklungspotenziale in den Handlungsfeldern identifizieren und priorisieren

Nach der Bewertung der Resilienz werden mit Hilfe des Tools strategisch Bereiche (Handlungsfelder) identifiziert, in denen das Unternehmen Verbesserungspotenzial hat. Diese Bereiche werden dann nach ihrer Wichtigkeit oder Dringlichkeit priorisiert, um zu entscheiden, welche zuerst angegangen werden sollten.

Schritt 3: Durchführung einer oder mehrerer Maßnahmen in den Handlungsfeldern mit Entwicklungsbedarf

Auf Basis der Priorisierung werden eine oder mehrere Maßnahmen in den ausgewählten Handlungsfeldern durchgeführt. Diese Maßnahmen können strategischer, operativer oder technischer Natur sein. Sie sind zugeschnitten auf die spezifischen Anforderungen des Unternehmens.

Schritt 4: Messung der Zielerreichung einzelner Maßnahmen und ggfs. Festlegung weiterer Maßnahmen

Der letzte Schritt umfasst die Überprüfung und Messung der Effektivität der umgesetzten Maßnahmen. Hier wird beurteilt, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden. Basierend auf dieser Bewertung können weitere Maßnahmen geplant oder Anpassungen an den bestehenden Maßnahmen vorgenommen werden. Ziel ist es, die Resilienz des Unternehmens kontinuierlich zu verbessern.

Stärkung der Unternehmensresilienz – Strategien für KMU

Autoren:

Lyn Luisa Zenner und Mohammad Gufran Khan

Quellen

Literatur:

[1]     D. Ivanov, Einführung in die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette: Management, Modellierung, Technologie. Wiesbaden: Springer Gabler, 2023.

[2]     Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), „Resilienz im Kontext von Industrie 4.0,“ 2022.

[3]     S. Hosseini, D. Ivanov und J. Blackhurst, „Conceptualization and Measurement of Supply Chain Resilience in an Open-System Context,“ IEEE Trans. Eng. Manage., Jg. 69, Nr. 6, S. 3111–3126, 2022, doi: 10.1109/TEM.2020.3026465.

[4]     D. Ivanov, Hg. Introduction to Supply Chain Analytics (Classroom Companion: Business). Cham: Springer Nature Switzerland, 2024.

[5]     A. Ali, A. Mahfouz und A. Arisha, „Analysing supply chain resilience: integrating the constructs in a concept mapping framework via a systematic literature review,“ SCM, Jg. 22, Nr. 1, S. 16–39, 2017, doi: 10.1108/SCM-06-2016-0197.

[6]     B. Sullivan-Taylor und L. Branicki, „Creating resilient SMEs: why one size might not fit all,“ Rep. 18, 2011, doi: 10.1080/00207543.2011.563837.

[7]     O. Bak, S. Shaw, C. Colicchia und V. Kumar, „A Systematic Literature Review of Supply Chain Resilience in Small–Medium Enterprises (SMEs): A Call for Further Research,“ Rep. 1, 2023, doi: 10.1109/TEM.2020.3016988.

[8]     A. Trunk und H. Birkel, „No Resilience Without Partners: A Case Study on German Small and Medium-Sized Enterprises in the Context of COVID-19,“ Schmalenbachs Zeitschrift fur betriebswirtschaftliche Forschung = Schmalenbach journal of business research, Early Access. doi: 10.1007/s41471-022-00149-5.

[9]     B. Von See, W. Kersten und M. Schwemmer, „Triple Transformation: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz als Leitlinien zukunftsfähiger Wertschöpfungsketten,“ 2023.

[10]   C. Flüter-Hoffmann, A. Hammermann und C. König, „Resilienzkompass: Zur Stärkung der individuellen und organisationalen Resilienz in Unternehmen“.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Stärkung der Resilienz für KMU von zentraler Bedeutung ist. In einer zunehmend komplexen und dynamischen Welt müssen Unternehmen flexibel auf neue Gegebenheiten reagieren und proaktiv mit Veränderungen umgehen können. Dies erfordert eine präventive Vorbereitung auf potenzielle Störungen, die Fähigkeit zur schnellen Erholung während Krisen und die reaktive Anpassung der Organisation, um in Zukunft besser gewappnet zu sein.

Hierbei können Instrumente wie der Resilienzkompass wertvolle Unterstützung leisten. Durch die Bereitstellung praxisnaher Werkzeuge und wissenschaftlich fundierter Ansätze ermöglicht der Resilienzkompass Unternehmen, ihre Resilienz systematisch zu analysieren, eigenständig Handlungsfelder zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken.