Kreislauf statt Abfall: Die Prinzipien des zirkulären Produktdesigns erklärt
Weltweit werden lediglich 7,2 % der genutzten Materialien in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt. Angesichts der steigenden Ressourcenknappheit sowie der zunehmenden Umweltverschmutzung wird deutlich, dass ein Umdenken und die Realisierung von Maßnahmen zum Umweltschutz und zur Steigerung der Nachhaltigkeit notwendig sind. Gleichzeitig steigt der Bedarf, sich von der heutigen „Wegwerfgesellschaft“, der linearen Wirtschaft, bei der Produkte häufig nur sehr kurze Lebenszyklen durchlaufen und nach der Nutzung meist entsorgt und anschließend deponiert oder verbrannt werden, abzukehren. [1]
Der heute noch weit verbreiteten linearen Wirtschaftsweise steht die Kreislaufwirtschaft gegenüber. Ziel dabei ist es, Abfälle zu minimieren oder zu vermeiden und das Leben sowie den Wert von Produkten so lange wie möglich zu verlängern und auf einem hohen Niveau zu halten [2]. Dies bedeutet, dass Produkte, die nicht biologisch abbaubare Materialien enthalten, wie z. B. elektronische Geräte, dementsprechend nicht wie z. B. Lebensmittel über Kompostierung der Natur zurückgeführt werden können, sondern durch Wiederverwendung, Reparaturen, Wiederaufbereitung und Recycling im Kreislauf geführt werden sollen [1, 2].
Eine zentrale Voraussetzung, um Produkte wiederverwenden, reparieren, wiederaufbereiten und recyceln zu können, stellt ein nachhaltiges, zirkuläres Produktdesign dar. Bereits in der Designphase eines Produkts entscheiden Unternehmen, ob dieses für die Kreislaufwirtschaft und damit eine lange Nutzungsphase bzw. einen langen Werterhalt ausgerichtet ist [3].
Oft werden Produkte insbesondere auf Endkunden ausgelegt, wobei andere Akteure in der Kreislaufwirtschaft, wie Reparateure oder Recycler, nicht mitgedacht werden [4]. Einige Produkte werden leider sogar so designt, dass sie nach einer bestimmten Nutzungsdauer kaputtgehen, um wieder mehr Neuprodukte verkaufen zu können – man spricht dabei von geplanter Produktobsoleszenz [5]. Beispielsweise haben Waschmaschinen heutzutage oft eine viel kürzere Lebensdauer als noch vor ein paar Jahren. Auch ein schnell verschlechternder Batteriezustand oder das Verkleben von einzelnen Komponenten bei Mobiltelefonen sind hier zu nennen.
Die 2024 in Kraft getretene Ökodesignverordnung [6] gibt dabei verschiedene Anhaltspunkte und Richtlinien vor, welche Unternehmen verpflichten, Produkte nachhaltig zu gestalten. Um zukünftig den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, sind KMU dazu angehalten, zirkuläre Designprinzipien bzw. Ökodesignanforderungen in ihren Produkten umzusetzen. Diese werden im Folgenden vorgestellt.
Verzicht auf bedenkliche, umweltschädliche Inhaltsstoffe und Verwendung nachhaltiger Materialien:
Die Wahl der Materialien für das Produkt sollte auf nachhaltige und unbedenkliche, nicht-toxische Materialien fallen. Neben dem Einsatz biologisch abbaubarer Materialien stellen außerdem die Verwendung von bereits recycelten Materialien – Rezyklaten – statt Primärrohstoffen und die grundsätzliche Reduktion des Materialverbrauchs einen Mehrwert dar und tragen zur Kreislaufwirtschaf bei. [5, 6] Vorteilhaft kann der Verzicht auf Primärrohstoffe nicht nur aus Nachhaltigkeitssicht sein, sondern auch im Sinne der Beschaffung: So können Materialien lokal beschafft werden. Zudem können Lieferengpässe für Rohmaterialien durch den Einsatz gebrauchter oder wiederaufbereiteter Komponenten umgangen werden.
Langlebigkeit:
Um das Produktleben so lange wie möglich auszudehnen, ist eine solide und robuste Gestaltung und Konstruktion des Produkts essenziell. Dabei spielen bspw. die Wahl widerstandsfähiger Materialien oder der Schutz vor äußeren Einflüssen eine Rolle [5]. Ein zeitloses Produktdesign trägt ferner dazu bei, dass Produkte länger genutzt werden. Je länger ein Produkt genutzt werden kann, desto weniger Neuprodukte werden benötigt, was die Umweltlasten reduziert. Für herstellende Unternehmen muss dies kein Nachteil sein – neben dem Verkauf neuer Ware können sie zusätzliche Services anbieten, wie Reparaturen oder Vermietungen von Produkten. [6, 7]
Reparierbarkeit, Modularität und Upgradefähigkeit:
Beim zirkulären Produktdesign sollte darauf geachtet werden, dass sich die Einzelteile oder Komponenten leicht und beschädigungsfrei voneinander lösen und anschließend reparieren lassen. Auch ein modularer Aufbau des Produkts mit austauschbaren Bestandteilen kann hierbei behilflich sein. Durch den modularen Aufbau kann zudem sichergestellt werden, dass einzelne Komponenten durch alternative Komponenten bspw. mit besserer Leistungsfähigkeit ersetzt werden können (Upgrade), ohne ein komplett neues Produkt kaufen zu müssen.
Im Zuge der Upgradefähigkeit muss somit sichergestellt werden, dass Produkte hinsichtlich ihrer verschiedenen Funktionen aktualisiert werden können, bspw. durch Software-Updates oder die Einführung neuer technischer Merkmale. [3, 5–7] Unternehmen können durch den flexiblen, modularen Aufbau von Produkten sowie deren Reparierfähigkeit potenziell mehr Kunden ansprechen und ferner den Ersatzteilverkauf ankurbeln.
Recyclingfähigkeit:
Entscheidend für die Recyclingfähigkeit eines Produkts bzw. dessen Komponenten und Materialien ist die Trennbarkeit bzw. Sortenreinheit. Bestenfalls handelt es sich bei den verwendeten Materialien um Monomaterialien, die – wie der Begriff schon sagt – nur ein Material und keinen Materialmix umfassen, um die Trennbarkeit und die Sortierprozesse im Zuge des Recyclings zu erleichtern. [5, 6, 8]
Abbildung 1: Prinzipien des zirkulären Produktdesigns (Quelle: eigene Darstellung)
Die vorgestellten Prinzipien des zirkulären Produktdesigns sind in Abbildung 1 dargestellt. Grundsätzlich ist es von Bedeutung, das zirkuläre Produktdesign mit dem Geschäftsmodell in Einklang zu bringen. So sollte bspw. sichergestellt werden, dass bei einem Produkt, welches reparierbar gestaltet ist, zusätzlich Reparaturservices und Ersatzteile angeboten werden. Wichtig zur Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft ist somit auch das Angebot von Services, wie Reparatur- und Wartungsservices oder Mietmodellen, rund um Produkte. [3]
Beispiele:
Eines der bekanntesten Produktbeispiele für zirkuläres Produktdesign ist das Fairphone. Dieses auf Langlebigkeit ausgelegte, nachhaltige Smartphone besteht aus recycelten Materialien und ist modular aufgebaut, sodass sich Komponenten schnell und einfach austauschen und ersetzen lassen. [9]
Ein weiteres Beispiel für zirkuläres Produktdesign sind die Teppichfliesen der Firma DESSO: Die langlebigen, modularen, leicht zerlegbaren sowie recycelbaren Teppiche bestehen aus ausrangierten Fischernetzen und Post-Consumer-Garnabfällen als Teppichrohmaterial. [10]
Darüber hinaus bietet Sapor zirkuläre Trockenseifenspender an. Im Vergleich zu Flüssigseifenspendern werden durch das nachhaltige zirkuläre Produktdesign sowohl Wassermengen als auch Verpackungsmüll reduziert. Das Unternehmen bietet für den auf Langlebigkeit ausgelegten Trockenseifenspender zudem Ersatzteile und Reparaturmöglichkeiten an. Die Materialien stammen aus Recyclingkunststoff sowie Pflanzenfasern und sind recycelbar. [11]
Quellen
Literatur:
[1] Circle Economy Foundation. „The Circularity Gap Report 2024.“ Zugriff am: 15. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.circularity-gap.world/2024#download
[2] Ellen MacArthur Foundation. „Towards the Circular Economy – Economic and business rationale for an accelerated transition.“ Zugriff am: 15. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.greenpolicyplatform.org/research/towards-circular-economy-economic-and-business-rationale-accelerated-transition
[3] S. Opitz, L. Dierke und J. Rödiger, „Circular Design – Produkte und Geschäftsmodelle gestalten,“ in Transformation zur Circular Economy (Sustainable Development Goals (SDG) – Umsetzung in Praxis, Lehre und Entscheidungsprozessen), S. Büttner, U. Handmann und W. Irrek, Hg., Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 2024, S. 97–111.
[4] Ellen MacArthur Foundation. „Circular Design Guide – Mindsets.“ Zugriff am: 15. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.ellenmacarthurfoundation.org/circular-design-guide/mindsets
[5] B. Beitz. „Zirkuläres Produktdesign.“ Zugriff am: 24. September 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.prosperkolleg.de/wissen-publikationen/handlungsfelder/zirkulaeres-produktdesign/
[6] Europäische Kommission. „VERORDNUNG (EU) 2024/1781 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 13. Juni 2024 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2020/1828 und der Verordnung (EU) 2023/1542 und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/125/EG.“ Zugriff am: 15. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202401781
[7] Mittelstand-Digital Zentrum WertNetzWerke und Fraunhofer FIT. „Kreislaufwirtschafts-Guide.“ Zugriff am: 15. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://kreislaufwirtschaftsguide.fit.fraunhofer.de/
[8] Acatech. „Strategiespiel „Make it circular““ Zugriff am: 24. September 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.acatech.de/publikation/make-it-circular-zirkulaere-geschaeftsmodelle-im-unternehmen-spielerisch-kennenlernen/
[9] Fairphone. „Fairphone´s Impact 2023 – Change is in your hands.“ Zugriff am: 15. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.fairphone.com/wp-content/uploads/2024/06/Fairphone-2023-Impact-Report-.pdf
[10] Tarkett. „DESSO Teppichfliesen – nachhaltig aus gesunden Materialien.“ Zugriff am: 14. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://boden.objekt.tarkett.de/de_DE/bodenbelag-kategorie-dach_C01018-desso-teppichfliesen
[11] Sapor. „Sapor Bio Trockenseifenspender nova herba.“ Zugriff am: 18. Oktober 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.sapor-shop.de/de/trockenseifenspender/trockenseifenspender-nova-herba-gras.html
Fazit
Insgesamt lässt sich festhalten, dass ein zirkuläres Produktdesign entscheidend für die Kreislauffähigkeit von Produkten ist. Durch ein zirkuläres Produktdesign kann nicht nur ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet, sondern außerdem die längere Nutzung von Produkten gefördert werden. Vor dem Hintergrund regulatorischer Anforderungen an das zirkuläre Produktdesign ist es für Unternehmen ratsam, das eigene Produktdesign kritisch zu hinterfragen und auf Kreislauffähigkeit auszulegen.
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