Prozesse im Handwerk im Sinne der Kund:innen verändern
Prozesse im Handwerk im Sinne der Kund:innen verändern
Betriebliche Prozesse sind irgendwann aus irgendeinem Grund entstanden – hören wir doch oftmals bei gezieltem Nachfragen „Das war hier schon immer so!“ Wer jedoch nach dem Motto „Never change a running system“ arbeitet, wird schnell von anderen überholt – durch neue Technologien und Softwarelösungen gibt es viele neue Möglichkeiten, um Prozesse schneller, effektiver und günstiger zu gestalten. Daher lohnt es sich zu fragen: Sind unsere Prozesse heute noch sinnvoll bzw. effektiv und vor allem: Was hat eigentlich der Kunde davon, wenn der Prozess so stattfindet?
Diese und weitere Fragen stellte sich die Hümmer Elektrotechnik GmbH zusammen mit dem Betrieb LAN 1, der aus dem 1963 gegründeten, familiengeführten Meisterbetrieb Hümmer Elektrotechnik im Rahmen eines Firmenverbundes hervorgegangen ist. Beide Betriebe arbeiten eng verzahnt, wenn es z.B. darum geht, E-Mobilitäts-Ladestationen für Mietparteien in großen Gebäudekomplexen zur Verfügung zu stellen.
Der Prozess ist sehr umfassend mit vielen Beteiligten und beinhaltet neben der Auftragsklärung, Begehung der Parkplätze und Beratung auch Programmierung, Installation sowie den Abrechnungsprozess und die Wartung der Ladestationen. An Kunden:innen fehlt es nicht – das Geschäftsmodell ist innovativ und stark nachgefragt – jedoch gibt es Kommunikationsbedarf an Schnittstellen, vor allem zu den Informationen und Daten, die zwischen den beiden Firmen hin und herwandern oder gar nicht ausgetauscht werden und dadurch für doppelte Arbeit sorgen.
Inhaber Jörg Hümmer initiiert hierzu einen halbtägigen Ideen-Workshop, der vom Mittelstand-Digital Zentrum Hamburg durchgeführt wird. Gemeinsam mit 10 Mitarbeitenden aus beiden Firmen wird der Prozess unter die Lupe genommen. Der Fokus hierbei liegt nicht in der Vergangenheit, sondern ist zukunftsgerichtet: Was muss passieren, damit unsere Kunden sich noch besser fühlen und wir noch besser zusammenarbeiten?
Im Workshop wird vor allem aus Kundensicht schnell deutlich: Für den Kunden ist nicht immer 100%ig klar, was er wann mit wem und warum zu tun hat. Hieraus leiten sich in Kürze viele Ideen ab. Es macht allen Kolleg:Innen Spaß, Prozesse im Sinne des Kunden zu verändern, weil hier ein großer Hebel liegt. Aber auch die internen, betriebsübergreifenden Prozesse werden angepackt, es wird diskutiert und abgewogen.
Bei der Analyse kristallisiert sich heraus, dass es durch zwar digitale aber nicht immer ineinander greifende Prozesse immer wieder zu Brüchen im Prozess kommt, beispielsweise wenn Daten von einem System in das andere übertragen werden müssen. Doch allein das Reden über Prozesse bewirkt Verständnis für die Belange anderer Beteiligter, oft fallen Sätze wie „Ah, daher machst Du das so, jetzt verstehe ich!“. Am Ende entsteht eine priorisierte To-Do-Liste mit Verantwortlichen und es werden regelmäßige Austausche innerhalb der 6-monatigen Umsetzungsphase vereinbart.
O-Töne der Teilnehmer:innen während der Feedbackrunde: “Es ist sehr sinnvoll, die Kundensicht einzunehmen, denn damit verdienen wir unser Geld!”, “Abläufe kritisch zu hinterfragen bringt uns voran. Nun haben wir konkrete Ansatzpunkte, an denen wir arbeiten,”, “Es gab viele Denkanstöße und Impulse.”
Fazit: Die betriebliche Prozessanalyse und -modellierung ist ein weites Feld. Sich einen interessanten Prozess auszusuchen, diesen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und miteinander zu diskutieren, gibt bereits Hinweise auf grundsätzliche Optimierungsfelder eines Betriebes. Steigt man in zu kurzer Zeit zu tief in die Prozessmodellierung ein, droht die Gefahr sich zu verzetteln.
Damit Ihnen dies nicht passiert, helfen folgende Tipps bei der Optimierung von Prozessen.
Vom Ist zum Soll-Prozess
- Klein anfangen und Schritt für Schritt gehen, externe Moderation bzw. Experten hinzuziehen
- Sich bewusst machen, dass Analyse, Ideenfindung und Umsetzung Zeit und Willen benötigen
- Innovative Ideen für veränderte Prozesse entstehen im guten Kontakt: Team oder Beteiligte einladen ohne gedankliche Grenzen zu diskutieren
- Haltung deutlich machen: Nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern gemeinsam Verantwortung für Prozesse übernehmen
- Einen interessanten Prozess mit viel Optimierungspotential aussuchen
- Ggf. Kundenbefragung durchführen
- Ist-Prozess sichtbar machen/auf Papier bringen, hierzu u.a. folgende Fragen im Blick haben:
- Was ist Start und Endpunkt des Prozesses?
- Was passiert dazwischen, welche Haupt-Schritte gibt es?
- Wer ist alles beteiligt? (Abteilungen, Kunden, Lieferanten, …)
- Wer gibt Infos/Daten wie an wen?
- Wie lange dauert der jeweilige Prozess-Schritt, wo sind lange Wartezeiten?
- Welcher Prozessschritt ist am teuersten/wertvollsten?
- Was haben Kund:innen alles zu erledigen? Wie kann ihnen geholfen werden?
- Wo sind die Risiken, Fehleranfälligkeiten, Medienbrüche, Doppelarbeiten?
- Warum machen wir das überhaupt? Kann man etwas weglassen?
- Welche Prozesse/Schritte werden häufig wiederholt/wo lohnt es sich besonders hinzuschauen?
- Identifikation von Quick Wins und Ideen für Verbesserungen, die mehr Zeit brauchen
- Priorisierung der effektiven Ideen
- Kommunikation im Betrieb
- Verantwortlichkeiten sowie Deadlines klären, dabei Mitarbeitende integrieren
- Stück für Stück den neuen Soll-Prozess entstehen lassen
- Regelmäßig Feedback einholen und den Prozess anpassen, bis er rund ist
Interesse? Sprechen Sie uns an oder schreiben Sie einfach eine kurze Mail:
Mittelstand-Digital Zentrum Hamburg, Christine Mish
Handwerk4.0@hwk-hamburg.de
Mittelstand-Digital Zentrum Hamburg
mittelstand-digital@tuhh.de
Das Mittelstand-Digital Zentrum Hamburg gehört zu Mittelstand-Digital. Mit dem Mittelstand-Digital Netzwerk unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk.